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Primärliteratur

   QUELLENTEXT
Titel Gedanken zum X. Parteitag
Untertitel Wortmeldungen auf Bezirksdelegiertenkonferenzen der SED - Harry Thürk, Schriftsteller
Publikation Neues Deutschland, 15.03.1981
Quelle Verlagsarchiv Neues Deutschland, Alt Stralau 1-2, 10245 Berlin
   
Textart Kommentar, Mitschrift, Volltext
Anlass, Thema 10. Parteitag der SED, Aufgaben der sozialistischen Literatur
Textstruktur 2 Spalten mit Trennlinie, 8 Punkt mit Serifen, Blocksatz.
Gedanken zum X. Parteitag
Wortmeldungen auf Bezirksdelegiertenkonferenzen der SED



Harry Thürk, Schriftsteller

Die Kunst des sozialistischen Autors besteht nicht darin, wie bei einer Quizveranstaltung »Fragen zu stellen« oder wie bei einer Managersitzung der Firma Neckermann »auf Probleme zu orientieren«. Das ist eine spätbürgerliche Interpretation von Kunst, die westliche Medien gern als »neue literarische Gattung« bei uns entdecken und uns aufschwatzen möchten, um unsere Kunst als menschenbewegende Kraft zu liquidieren.
Unsere Kunst muß den Leser zu nach vorn führenden Lösungen ermutigen und befähigen. Die Kunst des sozialistischen Autors besteht darin, daß er selbst durch das Aufgreifen der heikelsten und ärgerlichsten Probleme unserer Tage, und gerade dadurch, imstande ist, für den Leser die Größe und die Unbesiegbarkeit der sozialistischen Sache spürbar zu machen, ihre Fähigkeit, mit jedem noch so komplizierten Problem letztendlich fertig zu werden. Revolutionäre Literatur war von Gorkis »Mutter« über Furmanows »Tschapajew«, Simonows »Lebenden und Toten«, Bredels »Unbekanntem Bruder« bis zu Gotsches »Tiefen Furchen« oder Apitz’ »Nackt unter Wölfen« immer und zu jederzeit problemorientiert, sie hat das größte Problem der Geschichte überhaupt aufgeworfen, die wirkliche Befreiung der Menschen.
Ich möchte, daß wir im intensiven Gespräch zwischen Autor, Leser und Literaturwissenschaftler über den Klassencharakter von Literatur jetzt den Sprung in eine neue Qualität tun. Er ist fällig. Seid ohne Scheu, daß ihr vielleicht Nichtfachleute seid. Es gibt, wenn es um Literatur geht, keine Nichtfachleute. Des Autors erster und entscheidender Partner ist der auf sein Werk reagierende Leser. Ihr müßt, bei allem Respekt vor künstlerischen Leistungen, euer gesundes Selbstbewußtsein, das ihr täglich bei klassenmäßigen Entscheidungen in der Produktion zu beweisen habt, immer stärker in den Bereich der Kunst einbringen. Weil sie letztlich nicht die Kunst der Autoren ist oder — die der Literaturwissenschaftler — es ist eure! Eignet sie euch endgültig und unwiderruflich an, indem ihr an ihrer klassenmäßigen Ausprägung in der nun vor uns liegenden Etappe mit uns zusammen immer stärker nicht nur einen empfangenden, sondern einen bestimmenden Anteil nehmt.

Auf der Bezirksdelegiertenkonferenz Erfurt der SED