Titel | Hoheit über das eigene Gehirn |
Untertitel | Der Schriftsteller Harry Thürk beantwortet Fragen seiner Leser in einem Buch |
Autor | Arnold Schölzel |
Publikation | Junge Welt, Feuilleton |
Datum | 13.12.2004 |
Quelle | http://www.jungewelt.de/2004/12-13/025.php (zitiert unter http://www.triller-online.de/ku003.htm) |
Textart | Rezension, Zeitungsartikel, Volltext |
Harry Thürk (Jg. 1927) ist einer der populärsten Schriftsteller der DDR. Einige seiner Werke hatten Millionenauflagen. Obwohl sie in viele Sprachen übersetzt wurden, blieb ihr Autor in der Bundesrepublik praktisch unbekannt. Dafür gibt es eine einfache Ursache: Er gehört zu denen, von denen sich sagen läßt, daß sie zu den Unbestechlichen gehören. Seine bekanntesten Romane, Mischungen aus Fiktion und Dokumentation, sind eine Abrechnung mit dem Krieg beginnend mit dem Zweiten Weltkrieg, an dem er als 17jähriger Soldat teilnehmen mußte. Thürk hat mit seinen Arbeiten über Südostasien, wo er sich von 1964 bis 1980 immer wieder aufhielt, das Bild vom Krieg der USA gegen Vietnam bei Millionen Menschen geprägt. In »Der Gaukler« legte er lange vor 1989 dar, wie die innere Aushöhlung der sozialistischen Länder funktionierte. Thürks erstes Buch erschien 1950, das jüngste vor wenigen Tagen. Es heißt »Treffpunkt Wahrheit«, und es ist sein 60. Es entstand aus Fragen, die Leserinnen und Leser im vergangenen Jahr an den Autor richteten. Ermöglicht wurde das durch ein Internetforum unter dem Namen Thürks, das ein junger Dresdner im Sommer 2003 einrichtete. Eine Auswahl der Fragen und Antworten sind auf den 96 Seiten des Spotless-Bändchens nun zu lesen.
Die Themen sind zufällig, dennoch ergibt sich ein Ganzes. Gefragt wird nach Persönlichem und nach Literatur, bestimmend sind Zeitgeschichte und Aktuelles, z. B: »Wie beurteilen Sie die Bereitschaft des EU-Kandidaten Polen, Soldaten für die US-Kriegsaktion im Irak bereitzustellen?«. Thürk antwortet meist ausführlich, beschreibt das Ziel seiner Antworten mit »die Deutungshoheit der Regierenden und ihrer hochbezahlten Psychotrickser« unterlaufen bzw. »die Hoheit über das eigene Gehirn« wiederherstellen. Anpassung oder falsche Rücksichtnahme auf Feind oder Freund schließt das aus. Auf die genannte Frage antwortet er: Polens Entscheidung bedeute keinesfalls volles Einverständnis mit den Präventivkriegstheorien Bushs, die Gründe lägen in der Geschichte des Landes. Brüssel werde zur Kenntnis nehmen müssen, daß die Geschichte europäischer Nationen sehr unterschiedlich war. Was seien »vertraglich gesicherte Grenzen« wert, wenn Verträge über Nacht zu Altpapier werden? Thürk meint, für einen Polen sei es schwer zu vergessen, »daß es Hitler und Stalin waren, die in widerwärtiger Gemeinsamkeit die letzte der vielen Teilungen des Landes vornahmen, und die auch noch auf polnischem Boden als gezielte Erniedrigung eine Siegesparade abhielten. Die danach, in der Zeit ihrer heute gern vergessenen trauten Zusammenarbeit zum Beispiel in Zakopane und Zwardon gemeinsame Seminare mit Erfahrungsaustausch über die besten Methoden der Bekämpfung von polnischen ›Heckenschützen‹ abhielten, während die ersten Transporte von polnischen Bürgern in schnell errichtete Lager schon anliefen.« Nun trompete ein deutscher Minister von der »Verteidigung der Bundesrepublik am Hindukusch«, der oberste deutsche Regierer töne, man wolle »bei weltpolitischen Entscheidungen wieder ein Wort mitreden«. Aus Polen höre man solches nicht, dem Land gehe es um das Verhältnis zu den USA, »und das ist der polnischen Regierung ein Kontingent Soldaten wert«. Das müsse man nicht bejubeln, es sei aber zu respektieren. Das Buch ist wie der Autor: Hartnäckig unbequem. Er schreibt: »Der Krieg ist wieder in Mode«. Das bekämpft er.
* Harry Thürk: Treffpunkt Wahrheit. Spotless-Verlag,
Berlin 2004, 96 Seiten, 5,10 Euro, ISBN 3-937943-01-3
Das Harry-Thürk-Forum im Internet:
http://home.arcor.de/harrythuerk/
/lit/r60#schoenewerk2005
Für diesen Text hat das HTF keine allgemeine Verwertungslizenz. Der Volltext liegt der Redaktion des HTF vor, darf aber nur in Abstimmung mit seinem Autor herausgegeben werden.
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/lit/r60#cfischer2005
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