Im Jahr 2004 beging die Schlacht von Dien Bien Phu, in der die französischen Besatzer von den vietnamesischen Befreiungskräften vernichtend geschlagen wurden, ihren 50. Jahrestag. Aus diesem Anlass wurde Harry Thürk in Weimar kürzlich interviewt.
Am 10.02.2004 führte Nguyen Van Long von der Vietnamesischen Nachrichtenagentur Berlin dieses Interview und er war so freundlich, dem HTF ein Transkript ausgewählter Zitate dieses Gespräches zu überlassen. Der Artikel, den er nach dem Interview für die VNA verfasste, so versicherte Herr Van Long, sei in Vietnam sehr positiv aufgenommen worden.
„KEIN TAG IN MEINEM LEBEN IST UMSONST GEWESEN“
Aus dem Gespräch mit Harry Thürk Harry Thürk ist nicht nur bekannt in Deutschland, sondern auch in Asien, besonders in Vietnam, wo er mehrmals war und mehrere Bücher über die Ereignisse in diesem Land schrieb. Hervorzuheben sind zwei Bücher über das Ende der zwei Kriege, der französischen und amerikanischen Vietnam-Kriege: „Dien Bien Phu, die Schlacht, die einen Kolonialkrieg beendete“ und „Saigon, über das Ende des amerikanischen Krieges in Indochina“. Damit war er historischer Zeitzeuge der leidvollen aber auch heldenhaften Geschichte Vietnams in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Folgende Zitate entstanden aus dem Gespräch zwischen Harry Thürk und Nguyen Van Long, Korrespondent der Vietnam News Agency in Deutschland.
Ich war im Koreakrieg, als ich vom Sieg der Dien Bien Phu - Schlacht
gehört hatte (am 7. 5. 1954) und kam gleich ein, zwei Wochen später nach Dien Bien
Phu, wo es noch sehr nach Krieg roch. Ich wollte damals schon das Buch über
Dien Bien Phu schreiben, weil es ein Wendepunkt war. Es bedeutete das Ende
des Kolonialismus. Aber genau wie ein Mensch hat auch jedes Buch sein Schicksal.
Es kam immer etwas dringenderes dazwischen, daß ich meine Absicht
verschieben mußte. Erst in den achtziger Jahren kam ich dazu, das Buch „Dien
Bien Phu“ und auch das Buch „Saigon“ zu schreiben.
Ich war sehr gern dort. Die Menschen dort sind noch arm, aber das Leben ist echt, man lebt in Würde und ist nicht Sklave der Zivilisation.
Ich habe sehr viel erlebt, aber mir fällt jetzt eine Geschichte mit einem Amerikaner ein: Ich lag in einem Lazarett im befreiten Gebiet mit einigen anderen, darunter ein Amerikaner, ein Pilot, der abgeschossen wurde. Er war bewußtlos. Und eine Krankenschwester, die ihn betreute, war ein Opfer der Napalmbombe. Ihr Gesicht war verbrannt. Als er aufwachte und ihr Gesicht sah, war er erschrocken und schrie fürchterlich. Ich mußte ihn trösten und erklärte, es ist die Folge seiner Tat. So waren die Amerikaner. Sie kamen, warfen Bomben ab, flogen zurück, tranken vielleicht ein Bier und wußten nicht um die Folgen ihrer Tat. Die Amerikaner hatten chemische Waffe eingesetzt und sprühten Millionen Liter „Agent Orange“ in Vietnam. Aber die predigten noch Menschenrechte und führten den Krieg gegen den Irak, weil das Land „Absicht hatte, solche Waffe herzustellen“.
Ich war schon überall und es ist hier vielleicht meine letzte Station (lacht), aber wenn man noch lachen kann, ist es noch in Ordnung. Wenn ich zurückblicke: kein Tag in meinem Leben ist umsonst gewesen. Ich freue mich, wieder über Vietnam sprechen zu können. Vietnam ist ein Teil meines Lebens. |